Am 2. Dezember fand die Preisverleihung des Lotto-Museumspreises Baden-Württemberg statt. Einen Extra-Preis in Höhe von 5.000 Euro erhielt das das ehrenamtlich betriebene DDR-Museum Pforzheim – es ist übrigens das einzige DDR- Museum im Westen Deutschlands. Grund genug, es hier im Blog kurz vorzustellen.
Das DDR-Museum Pforzheim ist seit 1998 als einziges Museum dieser Art im Westen Deutschlands ein Ort der Erinnerung an die zweite deutsche Diktatur im 20. Jahrhundert in den Jahren 1945 – 1990. Es vermittelt die Geschichte der DDR als Teil der gesamtdeutschen Geschichte in einer Region westlich des Eisernen Vorhangs. 2014 bis 2015 wurde die Dauerausstellung durch ehrenamtlichen MitarbeiterInnen des Vereins „Gegen das Vergessen“ e. V., dem Ausstellungsgestalter Martin Tertelmann, dem Ausstellungsarchitekten Alexander Lang, dem Grafikdesigner Christian Stindl sowie der Kulturhistorikerin Florentine Schmidtmann u.a. im Auftrag der Stiftung „Lernort Demokratie – Das DDR-Museum Pforzheim“ überarbeitet und im Oktober 2015 neu eröffnet.
Dafür gab es nun einen Preis: Der positive Wandel vom eher rückwärtsgewandten Nostalgie-Museum hin zu einem modernen Lernort für Demokratie war ausschlaggebend für die Prämierung. Das umfassende museumspädagogische Angebot trage dazu bei, insbesondere bei jungen Menschen das Bewusstsein für Demokratie und Menschenrechte zu schärfen.
Wieso gibt es in Pforzheim ein DDR-Museum?
Kurz vor dem Mauerbau floh im Juli 1961 der Gründer des Museums Klaus Knabe mit seiner Frau von Dresden nach Pforzheim, um sich hier eine neue Existenz aufzubauen. Sofort nach der Friedlichen Revolution 1989 trug er auf seinem Dachboden eine große Sammlung von Objekten aus der DDR zusammen und 1998 eröffnete er ein kleines Museum im Erdgeschoss einer ehemaligen französischen Kaserne. Nachdem 2002 mehr Platz für eine erstmalige Überarbeitung der Ausstellung sorgte, wird 2012 durch den 2000 von Klaus Knabe gegründeten Verein „Gegen das Vergessen e.V.“ und den damaligen Vorsitzenden von “Gegen Vergessen – für Demokratie” Dr,h.c. Joachim Gauck die neue gemeinnützige Stiftung „Lernort Demokratie – Das DDR-Museum Pforzheim“ Trägerin des Museums. Die Sammlung von ca. 6000 Objekten im DDR-Museum sowie ca. 2000 Büchern gehören nun der Stiftung.
Seit 2016 zeigt das Museum in seiner Dauerausstellung den politischen Aufbau der DDR, die sozialistische Ideologie, das Privat- und Arbeitsleben in der DDR sowie die allgegenwärtigen Repressionen des Staates und die Methoden, wie die Bevölkerung damit umging. Bezüge zur gesamtdeutschen Geschichte sowie das Thema „Integration und Ankommen im Westen“ bilden die regionalgeschichtliche Verbindung zum Standort Pforzheim. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen existierenden DDR-, Grenz- und Alltagsmuseen in Deutschland. Durch seine Entstehungsgeschichte, die Flucht von Klaus Knabe, versteht sich das Museum auch als Sprachrohr für die aus der DDR ausgereisten, geflüchteten, freigekauften und verfolgten DDR-Bürger, die im Westen eine Zuflucht fanden.
Vergangenheit und Gegenwart
Ausgehend von der Vergangenheit, dem undemokratischen System der SED, möchte das DDR-Museum die Selbstverständlichkeit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu hinterfragen. Das DDR-Museum versteht sich so als Lernort, an dem offen über aktuelle und vergangene Krisen, Probleme und Herausforderungen gesprochen und diskutiert werden soll.
Die Juroren des Lotto-Preises stellten ein Zitat des Ex-Bundespräsidenten Joachim Gauck heraus, das auf der Homepage des DDR-Museums eingestellt ist: „Eine Demokratie ist nicht einfach da, und – vor allem – sie bleibt nicht von allein“. Das sei aktueller denn je – gerade in diesem Jahr, so die Jury.
Für den Dialog zur Demokratie führen unter der Woche Zeitzeugen sowie Vereins- oder Stiftungsmitgliedern ca. 80 Schulklassen jährlich und alle weiteren Interessierten durch die Ausstellung. Für die Öffentlichkeit ist das Museum sonntags von 13-17 Uhr geöffnet. Öffentliche Veranstaltungen führt das Museum vor allen regelmäßig, und besonders zu den geschichtlichen Daten des 17. Juni, dem Tag des Mauerfalls bzw. der Wiedervereinigung sowie zum Internationalen Museumstag durch.
Gestemmt wird die Arbeit vor allem durch die ehrenamtliche Mitarbeit der Vereinsmitglieder. Acht Stunden für Schulführungen in der Woche werden über Deputatsnachlass vom Kultusministerium Baden-Württemberg finanziert, und die Landeszentrale für politische Bildung finanziert seit Mai 2016 eine 450-Euro-Stelle für eine studentische Hilfskraft.
Der Preis über 5000 € wird für die Ausstattung von zwei Räumen im UG für Sonderausstellungen verwandt werden.
Die Homepage des Museums www.pforzheim-ddr-museum.de enthält viele weitere Informationen.
Hintergrund zum Lotto-Museumspreis:
Lotto Baden-Württemberg trägt seit vielen Jahren über den Wettmittelfonds des Landes dazu bei, das kulturelle Engagement und die Museumslandschaft zu fördern. 2017 beläuft sich die Summe zur Unterstützung von Kunst und Kultur auf 33,3 Millionen Euro. Darin enthalten ist auch die Förderung von Maßnahmen zum Erhalt der Sammlungsobjekte von Museen in nichtstaatlicher Trägerschaft. Einmal jährlich werden Beispiele für herausragende Ausstellungskonzepte, Neuinszenierungen, gelungene Kooperationen oder museumspädagogische Angebote in nichtstaatlichen Museen mit dem auf 20.000 Euro dotierten Preis ausgezeichnet. Der mit 20.000 Euro dotierte Preis wird in Kooperation mit dem Museumsverband Baden-Württemberg vergeben. Sieger der dritten Auflage ist das Schauwerk Sindelfingen. Der Wettbewerb wurde erstmals 2015 ausgetragen.