„Wirtschaft trifft Kunst. Warum Kunst Unternehmen gut tut“, so lautet der Titel des Buches, das von Dr. Ulrike Lehmann herausgegeben soeben im Springer Gabler Verlag erschien. Über 30 Autoren haben daran mitgewirkt. Das Thema geht auch Museen und Kunstinstitute sowie Künstler an.
(Gastbeitrag von Ulrike Lehmann)
Kurz zum Hintergrund:
Seit gut 100 Jahren engagieren sich Unternehmen für Kunst. Sie bauen intern Sammlungen auf. Seit den 1980er Jahren fördern sie durch Sponsoring auch Museen, ihre Ausstellungen und Ankäufe. In den letzten gut 10 Jahren ist ein Erstarken der Kunstankäufe und Entwicklungen von Privatsammlungen zu verzeichnen, die nicht selten auch zu öffentlich zugänglichen Privatmuseen führen. Die Sammlungen von Kunst in öffentlicher und privater Trägerschaft sind ein hohes Kapital für die Gesellschaft der Gegenwart und Zukunft.
Kunstmuseen: Die Gesamtzahl der Kunstmuseen in Deutschland ist im Jahr 2015 auf 706 gestiegen (2014 waren es 678, 2010 noch 660). Etwa 52 % aller Museen in Deutschland (3.455) sind in öffentlicher Trägerschaft (staatliche Träger, Gebietskörperschaften und andere Formen des öffentlichen Rechts). 44,6 % sind in privater Hand, d. h. sie werden getragen von 483 Privatpersonen, von Firmen oder Vereinen. Das Institut für Museumsforschung, das diese Statistik jährlich erhebt, stellt zudem fest, dass es „verstärkt privatrechtlich geführte Museen gibt“ (Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Institut für Museumsforschung 2016, S. 40 f). Interne, nicht für die Öffentlichkeit zugängliche Unternehmenssammlungen sind hier nicht berücksichtigt.
New Work
Mit der zunehmenden Digitalisierung wird ein hohes Maß an Kreativität in der Wirtschaft erforderlich sein. Im Zeitalter der Digitalisierung und Industrie 4.0 ändert sich die Arbeitswelt rasant. Roboter und Automatisierungsprozesse übernehmen vielerlei Arbeiten. Der Mensch wird zukünftig mit all seinen Fähigkeiten gefordert, insbesondere wird Kreativität eine herausragende Eigenschaft sein. 2016 hat das Weltwirtschaftsforum in Davos eine Studie herausgegeben, die feststellte, dass Kreativität zu einer der drei wichtigsten Skills für Unternehmen wird. Laut Studie stand Kreativität 2015 noch auf Platz zehn, 2020 wird sie auf Platz drei stehen. Die Unternehmen werden große Anstrengungen machen müssen, Kreativität zu fördern und ins Haus zu holen. Aber Kreativität muss irgendwo herkommen. Die Beschäftigung mit Kunst ist eine Möglichkeit dafür, sie zu trainieren.
Chancen für Museen: Kunstvermittlung für Wirtschaftler
Genau an dieser Stelle stellt sich eine Chance für die Museen heraus. Sie bewahren Kunst als Kapital für die Wirtschaft und Gesellschaft. Denn mit Kunst kann Kreativität trainiert und gefördert werden. Weiterbildung in Kunst fördert die Persönlichkeitsentwicklung. Im Kontrast zur Digitalisierung und der industriellen Revolution 4.0 stellt Kunst zudem eine komplementäre Ergänzung dar. In den bisherigen Vermittlungsprogrammen der Museen stellt die Wirtschaft bislang keine gesonderte Zielgruppe dar. Sie wird noch einseitig als potentieller Geldgeber gesehen und hofiert. Manche Unternehmen machen bekanntermaßen Events in Museen.
Zurück zum Buch:
Die Verzahnung von Wirtschaft, Kunst und Künstlern und den Kunstmuseen sehe ich als eine große Aufgabe mit Zukunftspotential für alle Seiten an. Das Buch bietet für alle eine Basis zur Diskussion. Die große Chance liegt darin, ein konzentriertes, auf die Zielgruppe ausgerichtetes Kunstvermittlungsprogramm zu entwickeln, das letztlich eine Win-Win-Situation für beide darstellt.
Diese Publikation stellt erstmals umfassend dar, wie Kunst in Unternehmen die Kreativität und den Kommunikationsprozess anregt und welchen hohen Stellenwert sie für die Mitarbeiter hat.
Themen
Die Publikation ist in fünf Kapitel untergliedert und behandelt Themen zu: Kunst im Personalwesen, Der (Mehr-)Wert von Kunst, Kunstsammlungen in Unternehmen, Kunst am/im Bau, Kommunikation, Marketing und Kunst, Aussicht: Projekte von Kunst in Unternehmen.
Über 30 namhafte Autoren, darunter Geschäftsführer, Firmeninhaber, Künstler, Kunsthistoriker, Wirtschaftler und Wissenschaftler diskutieren den ideellen und materiellen (Mehr-)Wert von Kunst, geben Einblicke in die Mechanismen des Kunstmarkts. Sie zeigen, wie Künstler sich eine Marke aufbauen, stellen exemplarisch Kunst in Unternehmenssammlungen und an Bauten von Firmen, wie auch laufende Projekte von Künstlern in Unternehmen vor. Der Autor und Dozent bei MuseOn, Stephan Zilkens, beleuchtet das Thema Versicherungen von Kunst in Sammlungen und Ausstellungen.
Folgende Autoren sind mit Beiträgen beteiligt: Carsten Baumgarth, Stephan Berg, Dirk Boll, Michael Brater (& Anne von Hoyningen-Huene), Friedrich Conzen (mit Julia Ritterskamp und Olaf Salié), Judith Dobler, Thomas Drescher & Maren Geers (Wimmelforschung), Stephan Frucht, Thomas Huber, Michael Jäger, Hermann J Kassel, Jochen Kienbaum, Barbara Kotte, Ulrike Lehmann, Rupprecht Matthies, Alexander Marzahn, Hans-Dietrich Reckhaus, Thomas Rusche, Roland Schappert, Agnes Dominique Schofield, Kristine Schönert, Martin Seidel, Thomas Steinruck, Wolfgang Ullrich, Hubertus von Barby, Heike Weber, Stephan Zilkens.
Zur Herausgeberin und Autorin dieses Blogbeitrags:
Dr. Ulrike Lehmann ist Kunsthistorikerin und Kunstvermittlerin. Sie hat viele Jahre in großen Kunstmuseen als Kuratorin, Kustodin und Kunstvermittlerin sowie als PR-Managerin im Wirtschaftskontext gearbeitet. Mit ihrer Firma Art Coaching begleitet sie den Weg zur Kunst, bietet Weiterbildungen in Kunst und Seminare mit Kunst zur Kommunikations- und Kreativförderung an. Für museOn hat sie zwei Teilmodule entwickelt.
Infos
Das Buch hat 541 Seiten, Beiträge von 31 Autoren, 23 schwarz-weiß Abbildungen, 215 Abbildungen in Farbe.
Ankündigung des Verlags und weitere Infos unter: http://bit.ly/2r2J2Dg
ISBN-Nr: 978-3-658-17298-5, über 540 Seiten, 209 Abb. Verkaufspreis: 69,99 Euro
Die Herausgeberin und einige Autoren sind bereit, das Buch in Museen zur Diskussion zu stellen.