Von Sindy Lesny, Evaluation im Team von museOn bis Januar 2018
Mehr als ein Jahr sind seit Beendigung der Testphase vom Sommersemester 2016 bis Wintersemester 2016/2017 von museOn vergangen. Insgesamt haben 105 Proband_innen das Weiterbildungsprogramm auf Herz und Nieren getestet: Für das Sommersemester 2016 wurden 47 Proband_innen, 20 davon für den Erwerb eines CAS, ausgewählt; im Wintersemester 2016/2017 studierten 67 Proband_innen die angebotenen Teilmodule von museOn, davon 23 mit dem Ziel ein CAS zu erwerben. Da das DAS kumulativ studiert werden kann, testeten 9 Proband_innen die Kurse des Sommer- und Wintersemesters in beiden aufeinander folgenden CAS-Gruppen. Alle Proband_innen hatten nun im Rahmen einer „Follow-up-Befragung“ die Gelegenheit für sich und uns eine erste Bilanz zu ziehen. Im Mittelpunkt standen dabei die Fragen, ob und inwieweit das Weiterbildungsprogramm den Karriereweg der Teilnehmenden beeinflusst hat, welche Stärken das Programm hat und wo es noch Schwächen aufweist, welche Teilmodule und Weiterbildungsinhalte insbesondere im Gedächtnis geblieben sind und Einzug in die tägliche Arbeit erhalten haben und welche Gründe dazu führen, dass die Inhalte bspw. nicht in der Praxis umgesetzt werden konnten. Neben Verbesserungsvorschlägen, sollte die Befragung vor allem auch klären, ob das Angebot zielgruppenspezifisch und bedürfnisorientiert gestaltet ist und welche weiterführenden Angebote und Themen für den Alumni-Kreis sinnvoll erscheinen.
Die Teilnehmendengruppe
An der Befragung nahmen insgesamt 31 Probandinnen und Probanden aus der Testphase teil. Die Gruppe setzt sich vor allem aus Personen mit Hochschulabschluss (Magister (12), Diplom (6), Promotion (6), Master (4) und durchschnittlich 11 Jahren Berufserfahrung zusammen. Zwei Proband_innen haben eine Berufsausbildung abgeschlossen. 45,16% der Teilnehmenden sind als Angestellte ohne Leitungsfunktion im Museumsbereich tätig (9,68% sind Angestellte mit Leitungsfunktion), 32,26% sind selbstständig/freiberuflich. Zwei Personen gehen einem Studium nach.
Die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst
Das erfreulichste Ergebnis vorweg: 90,32% der Alumni würden das Weiterbildungsprogramm von museOn aus heutiger Sicht weiterempfehlen. Zudem beurteilen etwa zwei Drittel der Proband_innen (67,74%) die Weiterbildung bei museOn insgesamt als förderlich für ihren Karriereverlauf. Ebenso viele (21 Personen) würden auch aus heutiger Sicht weitere Teilmodule bzw. Abschlüsse bei museOn belegen. Vor allem ein Diploma of Advanced Studies (DAS) ist für den Proband_innenkreis von Interesse.
„Besonders überzeugend finde ich den modularen Ansatz von museOn, der erlaubt, ein einzelnes Teilmodul oder mehrere zu belegen oder einen CAS- oder DAS-Zertifikat zu erwerben und zukünftig vielleicht sogar einen Master. So lässt sich das Programm maßgeschneidert den eigenen Bedürfnissen und Anforderungen anpassen.“
Unter den Teilmodulen wurden bspw. „Zukunft der Museen“, „Ausstellungsplanung und -management“, „Digitale Medien in Ausstellungen“ sowie „Besucherorientiertes Denken und Handeln“ genannt. Zudem gaben 80,65% der Proband_innen an, dass das Weiterbildungsprogramm von museOn sie darin bestärkt hat, sich berufsbezogen weiterbilden zu wollen.
74,20% der Teilnehmenden konnten die Weiterbildungsinhalte direkt in ihr berufliches Handeln integrieren. Etwas mehr (77,42%) nutzten die Inhalte als Ausgangspunkt zur Entwicklung eigener Ideen; 67,74% haben die Inhalte für die Anwendung in ihrem Berufsalltag weiterentwickelt. Der Austausch über die Weiterbildungsinhalte fand vor allem in Gesprächen mit Kolleg_innen sowie informellen Gespräche statt. Zudem hat die Weiterbildung dazu beigetragen, dass 67,74% der Proband_innen nun selbstsicherer in ihrem Arbeitsumfeld agieren. Auf die Motivation und Zufriedenheit im Arbeitskontext hat das Weiterbildungsprogramm allerdings nur wenig Einfluss genommen. Insgesamt beurteilen 17 Personen die Qualität des Weiterbildungsprogramms mit „gut“, 7 Personen mit „sehr gut“ und 6 mit „befriedigend“.
Wovon haben die Studierenden rückblickend am meisten profitiert?
Auch wenn die Online-Lehre in der wissenschaftlichen Weiterbildung immer mehr Einzug hält, waren es doch auch die persönlichen Kontakte und Gespräche in den Präsenzphasen, die eine Bereicherung für die Studierenden darstellten. So waren es vor allem der (persönliche) Austausch und Diskurs von Erfahrungen, Perspektiven und Wissen, in denen die Studierenden gegenseitig voneinander gelernt und profitiert haben. Das Setting eines Online-Meetings kann dies nicht 1:1 ersetzen. So schließt sich hier auch gleich ein Verbesserungsvorschlag der Proband_innen an. Gerne sollen die Präsenzphasen in den Teilmodulen erhalten bzw. auch ausgebaut werden. Knapp die Hälfte der Proband_innen (48,39%) steht so auch über das Weiterbildungsprogramm hinaus noch mit Kommiliton_innen im Austausch. Auch über das geschaffene Alumni-Portal soll der Netzwerkgedanke von museOn aufrechterhalten werden. Für vier Personen haben sich durch den Kontakt mit den Expert_innen, dem museOn-Team bzw. anderen Studierenden gemeinsame, berufsfördernde Projekte ergeben. Neben dem Austausch mit Kolleg_innen und den Expert_innen profitierten die Teilnehmenden natürlich vor allem auch von dem aktuellen, fachlichen Input und den Inhalten in den einzelnen Teilmodulen. Auch die Expert_innen mit ihrer jeweiligen Expertise und ihrem Feedback wurden von einigen Teilnehmenden explizit hervorgehoben.
„Mir hat das Engagement der Mitarbeiter von museOn sehr gut gefallen, der direkte Draht zu kompetenten Dozenten ebenso. Hier hatte man das Gefühl auch zukünftig auf einen großen Kollegenpool und Fachleute zurückgreifen zu können und sein Netzwerk entsprechend zu erweitern.“
Profitiert haben die Proband_innen natürlich auch von der Vielseitigkeit der Kurse und der Heterogenität der Studierendengruppe. Durch „die Dualität von Theorie und Praxis“, wobei der Praxisaspekt an mancher Stelle bzw. in manchem Teilmodul etwas zu kurz kam, konnten die Teilnehmenden ihre eigene Praxis mit anderen Ansätzen und Konzepten in Bezug setzen und ggf. neu ausrichten. Für einige Proband_innen hat die Weiterbildung zunächst einmal grundlegend einen Zugang zur Museumsarbeit geschaffen und mögliche Arbeitsfelder aufgezeigt. Geschätzt wurden im Weiterbildungsprogramm zudem die Literaturempfehlungen und das Lernmaterial (das wurde bei den Evaluierungen der einzelnen Teilmodule bereits deutlich). Knapp die Hälfte der Proband_innen (48,39%) nutzte auch nach Abschluss der Weiterbildung die offline zur Verfügung stehenden Lernmaterialien weiter. Auch in die Lernplattform ILIAS einzutauchen, sich mit der Technik und den Tools vertraut zu machen, stellte einen Mehrwert innerhalb der Weiterbildung dar.
Welche positiven Entwicklungen konnten die Teilnehmenden durch die Umsetzung der Weiterbildungsinhalte feststellen?
Die Weiterbildung bei museOn trug insgesamt dazu bei, bisherige Arbeitsweisen und Denkmuster – unterfüttert durch theoretische und wissenschaftliche Erkenntnisse – zu hinterfragen und zu reflektieren sowie neue Impulse, Ideen, Inspirationen und Trends für den Berufsalltag aufzugreifen. Vor allem auch das Bewusstmachen der eigenen Stärken, aber auch noch fehlender Kompetenzen, führte bei den Proband_innen zu einem verbesserten Selbstbild. Insgesamt wurde ein erweiterter und besserer Blick auf das große Ganze im Museumsalltag geschildert. Ein_e Proband_in hat zudem einen Arbeitskreis gegründet, „der sich mit einer ansprechenderen Vermittlung der Ausstellungsinhalte und seiner Exponate befasst.“
„Ich habe die Testphase bei [museOn] als sehr bereichernd empfunden, beruflich wie menschlich. Die Weiterbildung hat mir persönlich wieder einen Zugang zu aktuellen Diskursen in der Museumswelt verschafft, der mir etliche Jahre nach Studienende & Babypause nicht so leicht gefallen wäre. Ich bin gerade total auf Stand und hoffe dass das dank der tollen Kontakte die ich durch [museOn] geknüpft habe, so bleibt.“
Welche Bedingungen haben die Umsetzung der Weiterbildungsinhalte (in der Berufspraxis) erschwert bzw. dafür gesorgt, dass die Proband_innen die Weiterbildungsinhalte bisher noch nicht anwenden konnten?
61,29 % der Proband_innen gaben an, dass generell notwendige Ressourcen (finanzielle Mittel, Räumlichkeiten, Zeit, Ausstattung, ideelle Unterstützung) gefehlt haben, um die Weiterbildungsinhalte adäquat umzusetzen.
Ebenso viele gaben an, dass die Rahmenbedingungen für die Umsetzung nicht gegeben waren. Das fachliche Interesse der Teilnehmenden an den Inhalten bzw. dass diese für die Praxis als unrealistisch eingeschätzt wurden, stand der Umsetzung dagegen kaum im Weg. Vereinzelt wurde von den Proband_innen geäußert, dass sie derzeit nicht um Museumsbereich arbeiten bzw. als freiberuflich Tätige nur bedingt Möglichkeiten haben in Museumsstrukturen einzugreifen oder dass Kolleg_innen/Vorgesetzte wenig Bedarf an „Neuerungspotenzial“ sehen, um die Weiterbildungsinhalte in der Praxis umzusetzen. Auch der Zeitmangel und fehlende Bezug zur gegenwärtigen Berufspraxis spielten individuell eine Rolle.
Wenn die Teilnehmenden rückblickend die Möglichkeit hätten in ihrer Weiterbildung bei museOn etwas anders zu machen, was würden sie tun?
77,42 % würden die Weiterbildung hinsichtlich ihres persönlichen Engagements wieder genauso absolvieren. Diejenigen, die nicht mit ihrem Engagement zufrieden waren, würden bei einer erneuten Teilnahme mehr Präsenzveranstaltungen wahrnehmen bzw. Teilmodule mit Präsenzphase(n) belegen, mehr Zeit für das Studium und zum Lesen investieren, mehr kontrovers diskutieren und ausprobieren, Teilmodule nur einzeln und nicht parallel belegen, um diese intensiver bearbeiten zu können, andere Teilmodule belegen, um sich noch spezifischer weiterzubilden sowie das eigene Zeitmanagement überdenken.
Welche Verbesserungsvorschläge haben die museOn-Alumni rückblickend für das Weiterbildungsangebot von museOn?
Stichwort Praxisbezug: Einige Stimmen verlauten, dass die Praxisbezüge in den Teilmodulen mit hohem Theorieanteil ausgebaut werden sollten, um so auch den Kontakt mit den Mitstudierenden weiter zu befördern. Auch wurde ein verbesserter Austausch von Expert_innen und Studierenden gefordert. Daneben wurde eine Vertiefung in das wissenschaftliche Arbeiten (vor allem hinsichtlich des Verfassens der CAS-Arbeit), ein verbessertes Konzept zu den Gruppenarbeiten (Einteilung der Studierendengruppen in den Teilmodulen), das Anpassen des Arbeitsaufwands in einigen Teilmodulen, eine präzisere Formulierung von Aufgabenstellungen, eine verbesserte Kommunikation von Terminen sowie das Transparent machen des Anforderungsniveaus in den Teilmodulen angeregt. All das wurde in der Verwertungsphase bereits berücksichtigt.
„Ich fand die einzelnen Module im Angebot durch [museon] größtenteils gut gemacht, manche waren fantastisch andere nicht ganz so, aber das ist ok. Die Zeit zur echten Vertiefung war eigentlich immer zu knapp – ich hätte mir gewünscht, dass es im Nachgang irgendwie noch weitergegangen wäre – mehr Platz für Diskussionen und noch mehr Möglichkeiten für Projekte an anderen Museen, um bessere Kontakte, Einblicke und Einschätzungen zu erhalten.“
Wenn es ein weiterführendes Angebot geben würde, was würde die Teilnehmenden aus heutiger Sicht (in der Berufspraxis) unterstützen?
Das Thema Digitalisierung, oder wie es ein_e Alumnus/Alumna gut formuliert „Das Museum im Zeitalter seiner digitalen Zugänglichkeit“, macht auch vor dem Museumsbereich nicht Halt. Die Proband_innen möchten ihr Wissen und ihre Kompetenzen bspw. in digitalen Publikationen, Publikationsplattformen sowie digitalen Editionsprojekte erweitern. So stellt sich ein_e Proband_in auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit von Apps in Museen. Eine weitere Frage betrifft die zukünftige Veränderung von Berufsbildern und welchen Beitrag Kunst und Kultur in unserer Gesellschaft leisten kann. Daneben beschäftigten die Teilnehmenden auch rechtliche Fragestellungen bspw. zu CC-Lizenzen, Urheber- und Persönlichkeitsrecht. Auch der Umgang von Sammlungen mit ethisch fragwürdigen Objekten wird in der Befragung erwähnt. Weitere Themen sollen an dieser Stelle auch noch einmal exemplarisch aus der Evaluation herausgegriffen werden: Provenienzforschung, Barrierefreiheit/Inklusion im Museum, (praktisches) Kuratieren, Museumstechnik, Depot und Magazinverwaltung.
Ein großes Thema ist zudem die (Arbeits-)Situation von Museumsschaffende. „Befristungen und katastrophale Ausschreibungen in der Museumsbranche“ werden hierbei bspw. genannt oder es stellt sich die Frage: „Wie komme ich von meiner immer wieder neu befristeten Drittmittelstelle, die zudem unter meiner Qualifikation liegt […] im Rahmen der Museumsarbeit auf eine adäquate Stelle, die auch das betreffende Projekt / Museum bereichern würde. In Zeiten angespannter Haushalte, ist das Totschlagargument, dass es keine Gelder gäbe. Letztlich bin ich wohl mit den falschen Personen am falschen Haus, es ist aber wahnsinnig schwer eine neue Stelle zu bekommen. Ich habe mich bestimmt auf 10 Stellen in den letzten 2 Jahren beworben und hatte dabei nur 2 Vorstellungsgespräche und leider keine Zusage.“ Ein_e weitere_r Proband_in äußert sich wie folgt: „Der Arbeitsmarkt im Kulturbereich ist beschränkt und die universitäre Ausbildung auch. Hier wäre es gut neue Perspektiven aufzuzeigen um sich persönlich auch außerhalb des Museums zu verändern oder sich andere Funktionen und Positionen im Museumsbetrieb zuzutrauen.“ Für freiberuflich Tätige ist vor allem die Akquise neuer Projekt- und Honoraraufträge ein großes Thema.
Die meisten Alumni äußern sich positiv bei der Frage nach der Meinung des Arbeitgebers zu museOn. Einige beklagen allerdings auch Desinteresse und mangelnde Unterstützung von Arbeitgeberseite. „Wohlwollend aber nicht proaktiv unterstützend, da sie nicht erkannt haben welches positive Potential darin steckt und dass sie dadurch Arbeiten erledigt bekommen die sonst liegenbleiben. Als Steuerungselement zur Mitarbeiterzufriedenheit völlig verkannt.“ Ein Auftrag erreicht museOn an dieser Stelle: „Bitte macht mehr Werbung bei allen Personalern und Direktionen.“ Einen wichtigen Beitrag lieferte an dieser Stelle auch ein_e Probanden_in: „Der Arbeitgeber muss mit ins Boot geholt werden: Sei es durch eine Erklärung die er unterschreibt, dass Museumsinterna im Rahmen von museOn besprochen werden dürfen (oder er einen Kostenteil übernimmt) und durch Freistellung in der Arbeitszeit auch seine Unterstützung signalisiert. Am Ende sollte er die Projektarbeit gegenlesen oder aus seiner Sicht auf Relevanz für das Museum beurteilen und umsetzen, wenn es relevant war.“
Insgesamt wird mehr Offenheit sowie finanzielle und ideelle Unterstützung von den Arbeitgebern gefordert („also mehr “Lobbyarbeit” seitens museOn bei den einzelnen Museen“). Zudem fordert ein_e Proband_in auch mehr Mut und führt in der Befragung gleich ein Beispiel an: „Nachdem eine Teilnehmerin eine gute Sammlungsstrategie für ein Museum vorlegte, an dem sie nicht tätig war, machte ich sie darauf aufmerksam, dass dort gerade der Direktorenposten neu besetzt würde. Dies wurde von allen Teilnehmern nur als absurd belächelt. Ich denke es fehlt der Mut aus der 2. und dritten Riege in eine Führungsposition aufzusteigen. Tatsächlich findet allerdings gerade hier in den kommenden Jahren ein Generationenwechsel statt. Der Administrative Bereich mit Verwaltungsaufgaben ist mit dem bisherigen Angebot bei museOn nur in den Grundlagen abgedeckt. Ein Persönlichkeits-Coaching im Rahmen wäre für die individuelle Förderung sinnvoll. Kulturpersonal wäre hierfür vielleicht ein interessanter neuer Partner.“ museOn versucht auch hier zukünftig, im Rahmen der Möglichkeiten, etwas zu bewirken.
„Danke! Die Probandenzeit hat mir sehr viel gegeben, mich gefordert und meinen Blick geöffnet.“
An dieser Stelle gilt unser Dank allen Alumni, die durch ihre Individualität und damit auch durch die Vielfalt an Erfahrungen, Perspektiven sowie Denk- und Herangehensweisen zu dieser sehr bereichernden (Proband_innen-)Zeit beigetragen haben!