Diese Frage mag jede_r Besucher_in für sich entscheiden. Doch empirisch messbar sind die Qualität eines Museums, seine Programme vor und hinter den Kulissen, seine Sichtbarkeit in den Medien und die Positionierung gegenüber anderen Kultureinrichtungen wie zum Beispiel Ausstellungshäuser, Kunstzentren oder Literaturhäuser nur schwer. Hohe Besucherzahlen müssen kein Qualitätsmerkmal sein, ebenso wenig eine massive Pressepräsenz gerade über soziale Medien, die mit entsprechenden Planstellen leicht zu generieren ist. Doch wie lässt sich Qualität von Museen bestimmen?
Ein gutes Museum sollte Standards folgen, wie sie in den Richtlinien des International Council of Museums ICOM definiert wurden, wobei folgende Bereiche im Fokus stehen: Dauerhafte institutionelle und finanzielle Basis, Leitbild und Museumskonzept, Museumsmanagement, qualifiziertes Personal, sammeln, bewahren, forschen und dokumentieren sowie ausstellen und vermitteln. Bei den Museumsstandards handelt es sich um Empfehlungen, nicht um Regeln, die eingefordert werden können, um etwa ein Haus auch ‚Museum‘ nennen zu können. Schließlich und bekanntermaßen ist der Titel ‚Museum‘ nicht geschützt, was in großen Kolleg_innenkreisen als positiv im Sinne der Entfaltung von Kreativität und Freiheit der Aktivitäten angesehen wird. Die Empfehlung von Standards wird von Museumsorganisationen wie dem Deutschen Museumsbund aber auch Organisationen auf Ländereben entschieden unterstützt, ebenso entschieden sehen die Verbände ihre Rolle nicht als Anwälte.
Die Museumszunft selbst zeigte schon in den 1990er Jahren großes Interesse, die empfohlenen Standards als Qualitäts- und Qualifizierungsmerkmale auch umzusetzen, woraus Zertifizierungsmaßnahmen entstanden sind. In Bundesländern wie etwa Niedersachsen/Bremen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Thüringen, Schleswig-Holstein u.a. sowie den deutschsprachigen Nachbarn in Österreich und der Schweiz werden solche Zertifizierungsmaßnahmen durchgeführt, die im Idealfall mit Museumsgütesiegeln belohnt werden. Die Ausgestaltung der Zertifizierungen und der Museumsgütesiegel variiert, wird aber durchwegs nicht als Kontrolle, sondern als controlling im Sinne des Begleitens von Qualifizierungsmaßnahmen verstanden. Gewissermaßen die Blaupause der Gütesiegelverfahren ist in Niedersachsen entstanden, wird dort bis heute durchgeführt und bot Hilfestellung für ähnliche Zertifizierungsprozesse in anderen Bundesländern. Museumsgütesiegel wurden mit unterschiedlichem Erfolg implementiert und werden mit unterschiedlichem Erfolg umgesetzt. In den Verband der Museen der Schweiz etwa werden nur solche Institutionen aufgenommen, die entsprechende Qualitätsstandards aufweisen. Die Mitgliedschaft versteht sich als Gütesiegel zur Qualitätsförderung. Ähnliche Parameter zur Selbstauskunft und Registrierung wurden seit 2002 auch in Österreich entwickelt und werden bis heute umgesetzt.
Der Museumsverband Baden-Württemberg e.V. organisierte am 10./11.06.2016 eine Tagung in Mannheim zum Thema „Gutes Museum! Qualitätsstandards in der Museumslandschaft Baden-Württemberg“, um über Qualifizierung, Zertifizierung und Gütesiegel nachzudenken. Vor dem Hintergrund vergleichbarer Prozesse bei Nachbarn und deren Erfahrungen wurden zentrale Fragen diskutiert. Hilft ein Qualitätsmanagement tatsächlich in der Organisation täglicher Arbeitsabläufe? Entsteht nicht womöglich ein ‚zertifizierter Einheitsbrei‘, wo doch Diversität in der Museumsarbeit als Qualitätsmerkmal angesehen werden kann? Sind Zertifizierungen gerade kleiner Museen nicht viel zu aufwändig (an ISO 9001 oder Service Q ist für die meisten Häuser nicht zu denken)? Steht der Aufwand zum Nutzen tatsächlich in einem guten Verhältnis? Nützt das Gütesiegel einem Museum, um etwa zusätzliche Besucher_innen zu generieren oder meldet man sich besser bei tripadvisor an?
Das Dilemma der deutschsprachigen Museumslandschaft besteht darin, dass Freiheiten notwendig sind zur Förderung von Kreativität als Merkmal einer bunten Museumsszene. Auf der anderen Seite helfen Standards und die Zertifizierung derselben mit Gütesiegeln, die Qualität musealer Arbeit zu halten und zu verbessern. Es bleibt zu hoffen, dass sich in diesem Wechselspiel die Zertifizierung von Qualitätsstandards anerkannt durchsetzen wird, was der Museumsarbeit nach Innen dienlich ist aber auch dem Image der Museen nach Außen Vorteile bringt.