museOn bei der Jahrestagung des DArV in Kassel, vom 22.06.-24.06.2018
(von Antje-Sophie Menschner) Kelle, Spaten, Bücher, eventuell ein Zeichenbrett mit Millimeterpapier. Mehr braucht ein Archäologe nicht. Oder doch? Dabei arbeiten ArchäologInnen entgegen der landläufigen Meinung schon lange nicht mehr so analog wie man sich das gemeinhin vorstellt. Digitale Objektdatenbanken zur Erfassung von materiellen Objekten gehören seit Jahren ebenso zum Standard wie computergestützte Visualisierungen von Fundorten und Grabungsbefunden, Gebäuden und Gegenständen. Mit dem gegenwartsaktuellen Thema „Archäologie im Zeitalter der digitalen Wende“ beschäftigten sich die TeilnehmerInnen der diesjährigen Jahrestagung des deutschen Archäologenverbandes (DArV), zu der auch museOn anreiste und einen Beitrag leistete. Man kam an einem regnerischen Juni-Wochenende in den imposanten Räumlichkeiten des Hessischen Landesmuseums in Kassel zusammen, um darüber zu diskutieren, wie sich Archäologien die Möglichkeiten, die sich im Zuge der digitalen Wende bieten, bereits zunutze gemacht haben und welche Wege perspektivisch bestritten werden können. Gemeinsam wurden Handlungsstrategien beleuchtet und ausgearbeitet, die helfen sollen, den Herausforderungen und Risiken sowohl hinsichtlich mangelnder finanzieller und personeller Ressourcen, der Schulung der eigenen digitalen Kompetenz, aber auch der inhaltlich aus dem Methodenwechsel resultierenden Konsequenzen entgegenzutreten. Richten sich in Zukunft nicht nur die Art der Vermittlung, sondern auch inhaltliche Themen und Fragestellungen am Einsatz digitaler Technologien aus, weicht eine digitalisierte Archäologie zugunsten einer archäologischen Digitalität?
Diese und andere Fragestellungen rund um das Thema der Digitalisierung in der Archäologie wurde in vier Sektionen („Digitales Publizieren“, „Museen“, „Lehre“ und „Forschung“) erörtert. Im Kern ist allen Bereichen gemein, dass Strategien entwickelt werden müssen, um auf ein verändertes Nutzerverhalten reagieren zu können: Ob Open Access-Formate, Wissenschaftsblogs und online bereitgestellte Fachzeitschriften, ob 3D-Objektdokumentationen oder fotogrammetrische Schnittdokumentationen zur Analyse räumlicher Strukturen, ob Softwaretechnologien zur Erfassung, Dokumentation und Auswertung großer Datenmengen für Museen, Sammlungen und Forschungsprojekte, gefordert ist eine dauerhafte Aufbewahrung und Bereitstellung großer Datenmengen sowie eine leichtere und flexiblere Zugänglichkeit zu Daten, Objekten und Inhalten. Impulse und Anregungen innovativer Projekte, die derzeit in der deutschen archäologischen Wissenschaft Leuchtturmcharakter haben, konnten im elevator pitch in aller Kürze, nämlich in der Zeit einer etwas längeren Aufzugsfahrt, sowie anschließend in einer Postersession geliefert und diskutiert werden.
Und in der Lehre? Trotz wegweisender Pilotprojekte (wie z.B. i3Mainz oder Master-Studiengänge zu Digitalen Denkmaltechnologien oder Digitaler Methodik in den Geistes- und Kulturwissenschaften) ist die Digitalisierung im Alltag der grundständigen Lehre noch kaum angekommen. In einer Podiumsdiskussion, an der auch museOn beteiligt war, wurde thematisiert, ob der Einsatz digitaler Lernformate und Methoden gewinnbringend ist, wie stark sein Einfluss auch die Inhalte der Lehre verändert und ob die traditionellen Lernumgebungen geeignet sind, um prospektiv digitale Kompetenzen zu schulen. Durch die Erfahrung mit Lehr-, Lernformaten mit einem hohen Virtualisierungsgrad konnte museOn die Diskussion an dieser Stelle bereichern.
Abgerundet wurde die überaus informative und produktive Tagung mit einem Abendempfang im Schloss Wilhelmshöhe. Nachdem Prof. Dr. Rüdiger Splitter durch die aktuelle Ausstellung „250 Jahre Antikensammlung Kassel“ führte, konnte die deutsche Nationalelf bei ihrem einzigen, aber hochdramatischen Sieg der Fußball-WM angefeuert werden. Die stockende WLAN-Verbindung tat zwar der spannungsvoll geladenen und am Ende gebührend ausgelassenen Stimmung keinen Abbruch, führte aber einmal mehr die Bedeutung der Digitalisierungsdebatte unmittelbar vor Augen.