„We see things not as they are, but „as we are“. (David Pilbeam, Anthropologe)
Der Modulplanungs-Workshop zum Thema „Managen“ ist in Vorbereitung. Es sollen zunächst Teilmodule zu den Themen administrative Strukturen, Finanzen und Haushalte, methodisches Museumsmanagement, Qualitätsstandards und Qualitätssicherung, sowie Umgangsformen in der Kulturpolitik entwickelt werden. Als Diskussionsgrundlage für eine zukunftsorientierte Modulgestaltung stellen wir ein Positionspapier vor, das zentrale Gedanken zum Museum von Morgen aufzeigen möchte. Welche Anforderungen werden beispielsweise an das Museumsmanagement hinsichtlich zukünftiger Veränderungen, wie der Digitalisierung und Globalisierung, in der Museumswelt gestellt? Wie verändert sich die Rolle des Museums innerhalb der Gesellschaft und was werden Besucher vom Museum von Morgen erwarten? Wir freuen uns über Kommentare, Ideen oder Anregungen!
10 Gedanken zum Thema
1.
Museen sind komplexe Kulturinstitutionen. Die Aufgaben eines Museums haben sich weit von der Schule des Theophrast aus dem späten 4. Jahrhundert v. Chr. entfernt. Eine Reihe jüngerer Museen verzichtet konsequenterweise darauf, sich Museum zu nennen und bevorzugt Akronyme, Neologismen oder Kunstwörter wie Marta Herford, Ozeaneum Stralsund oder Keramion Frechen.
2.
Museen werden heute stärker als Institutionen der Zivilgesellschaft wahrgenommen. Ihre Rolle als Stätten der Identifikation auf regionaler, aber auch überregionaler Ebene ist gewachsen. Je stärker sich das Museum als demokratisierende Kraft ausprägt, umso offener müssen die Programme positioniert werden. In der Weiterführung des Gedankens könnte ein Museum wie google funktionieren, das den Interessen des Besuchers folgend genutzt wird.
3.
Der Zweck eines Museums kann in die Bereiche Mission, Mandat und Ziele unterteilt werden. Die Mission einer Kulturinstitution besteht in einer klaren, knappen und hoffentlich inspirierenden Erklärung, weshalb sie existiert oder relevant ist. Das Mandat steckt den Rahmen der Verantwortung ab. Mit den Zielen werden die verschiedenen Zielsetzungen eines Museums meist perspektivisch und langfristig definiert. Es handelt sich in der Regel um strategische Aufgaben, die idealerweise in einem Masterplan zusammen gefasst sind. Dabei wird zwischen langfristigen strategischen Zielen und kurzfristigen messbaren Zielen unterschieden.
4.
Der sogenannte “Bilbao-Effekt” beschreibt eine neue Art und Weise, Museen zu erfahren. Das architektonische Erlebnis eines Museums spielt eine wesentlich wichtigere Rolle als noch vor einer Generation: manche Ausstellungseindrücke werden regelrecht überlagert bis verdrängt von architektonischen Eindrücken. Das Museumsmanagement muss auf gesteigerte Erwartungshaltungen der Besucher reagieren und Raumerlebnisse stärker bewerten.
5.
Bestimmte museale Themen erfreuen sich besonderer Beliebtheit wie etwa zeitgenössische Kunst oder Alltagskultur. Auch neue Museumstypen wie Science Center und andere Erlebnismuseen verzeichnen hohen Besucherzuwachs. Beide Bereiche greifen stark in den öffentlichen Sektor ein und sind besonders für ein junges Publikum attraktiv.
6.
Museale Arbeit bricht längst aus den vier Wänden des Museums aus, indem sie vor allem über Vermittlungsprojekte in die Gesellschaft eindringt: das „Museum to go“. Gefördert durch soziale Netzwerke holen Museen Interessenten in der Öffentlichkeit ab.
7.
Aktuelle Themen wie etwa Umweltschutz oder Migration spielen heute eine gewichtige Rolle im gesellschaftlichen Diskurs und werden mehr denn je auch in Museen diskutiert. Grundsätzlich gilt, dass Museumsarbeit stärker von soziopolitischen Entwicklungen beeinflusst ist als in der Vergangenheit.
8.
Im Zuge der Globalisierung bannen zunehmend auch asiatische, afrikanische und lateinamerikanische Kulturen ihre Erinnerungen in Museumsformate westlichen Zuschnitts. Globales Netzwerken der Museumsszene ist die Folge, kultureller Austausch sprengt die Grenzen nationaler bzw. regionaler Einschränkungen (z.B.: Sonderausstellung im British Museum: Germany: Memories of a Nation). Internationale Ausstellungs- und Museumsprojekte werden zur Selbstverständlichkeit bis hin zum Franchise ganzer Museen (z.B.: Louvre Abu Dhabi).
9.
Verwaltung und Management verbindet die verschiedenen Aufgaben eines Museums wie Sammeln, Bewahren, Dokumentieren, Forschen, Ausstellen, Vermitteln. Sie dürfen aber nicht als über den Aufgaben stehend verstanden werden. Die Rolle des Museumsmanagements besteht darin, mit dem Fokus auf die Mission zu inspirieren, das Mandat des Museums zu kommunizieren, das Erreichen der Ziele anzuleiten und durchzusetzen und das Erreichte zu evaluieren.
10.
Mit neuen musealen Aufgaben ändern sich auch die Personalstrukturen. Wurden anfallende Arbeitsaufträge in der Vergangenheit oft in Personalunionen umgesetzt (Kurator = Ausstellungsmanager = Sammlungsspezialist = Registrar), so fallen Organigramme heute differenzierter aus. Neue museale Berufsgruppen sind entstanden, wie etwa Ausstellungsmanagement, Vermittlung oder Tätigkeiten mit digitalem Bezug. Durch angelsächsischen Einfluss werden nunmehr klare Trennungen zwischen organisatorischen und inhaltlichen Aufgaben vorgenommen. Die Museumsdirektion etwa wird zum Museumsmanagement.
Die Aufgabenfelder im Museums-Managements sind vielfältige und zum Teil gut erlernbare. Administrative und organisatorische Tätigkeiten unterscheiden sich nur marginal von anderen Berufsgruppen im Kulturmanagement. Aus diesen Gründen gelangen vermehrt Manager an Museen, die in organisatorischen und nicht musealen Berufen ausgebildet sind.
Manager müssen die Ziele der Institution administrativ, aber vor allem emotional verfolgen und durchsetzen. Ersteres ist mess- und evaluierbar, letzteres weniger. Trotzdem dürfte kaum geleugnet werden, dass Charisma, Leidenschaft und Emotion bedeutende Museumsmanager begleiten.
Die explosionsartig wachsenden Möglichkeiten innerhalb der Informationstechnologie bringen Chancen und Herausforderungen für Kommunikation und museale Datenspeicherung mit sich. Besucher virtueller Plattformen von Museen übersteigen heute meist die realen Besucherzahlen, was einschneidende Konsequenzen für das museale Management bedeutet und auch in Zukunft die museale Welt beeinflussen und verändern wird.
Foto oben: TRIAD